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Stadtkirche Liestal
4410 Liestal
Stadtkirche St. Martin
Die Kirche von Liestal liegt innerhalb eines beinahe quadratischen Häuserrings, der den früheren Kirchhof umschloss, in diagonaler Richtung.
Die Vorgängerbauten sind bei einer Grabung von 1942 ausgegraben worden. Wahrscheinlich steht die Stadtkirche an der Stelle eines vorchristlichen Heiligtums, auf das vorrömische und römische Funde hinweisen. Als erster christlicher Bau bestand eine kreuzförmige Kirche mit Pastophorien und einer runden Apsis. Dieser erste Bau entstammt möglicherweise einer frühchristlichen Periode. In einer weiteren Bauperiode, wahrscheinlich im 13. Jahrhundert, wurde das Schiff verlängert. Es entstandt ein frühgotisches, dreischiffiges Langhaus, das nach dem Erdbeben von 1356 verkürzt wurde. Gleichzeitig entstand im Westen ein Turm. Um 1506/7 wurde der romanische Chor abgebrochen und ein spätgotischer Chor mit zwei Jochen und dreiseitigem Abschluss errichtet. Das Südschiff wurde schon früher aufgehoben und zum Mittelschiff geschlagen. Gleiches geschah 1651 mit dem nördlichen Seitenschiff, sodass schliesslich das dreischiffige Langhaus ein Saal mit Eporen wurde. Bereits 1619 war der baufällige Westturm abgebrochen und ein neuer Winkel zwischen Schiff und Chor auf der Südseite errichtet worden. Weitere Veränderungen erfolgten im 18. und 19. Jahrhundert. Das von einem Satteldach bedeckte Langhaus überragt den länglichen, eingezogenen Chor. In den einspringenden Winkeln liegen im Süden der Turm und im Norden die Sakristei. Der Grundriss des Langhauses nähert sich einem stumpfen Rechteck. Die Spitzbogenfenster der Nordseite von 1651 und jene der Südseite von 1612 zeigen postumgotisches Masswerk mit der für jene Zeit typischen Tendenz zur Symmetrie. Die Wände des Chores sind durch fünft kantige Strebenpfeiler gegliedert und zeigen fünf hohe Masswerkfenster mit Steinmetzzeichen von 1507. Der durch Kaffgesimse in fünf Geschosse gegliederte Turm enthält über dem Eingang eine Deputantentafel von 1619 und endet in einem Glockengeschoss mit gekuppelten Spitzbogenfenstern und in einem vierkantigen Helm mit eleganter Spitze. Das Innere des Langhauses überrascht durch seine Breite, wird von einer Holzdecke abgeschlossen und im Westen durch eine konvex geschwungene Empore ausgefüllt. Der 1942 verbreiterte Triumphbogen führt in den Chor, den ein grossartiges Netzgewölbe deckt. Die Schlusssteine der Gewölberippen zeigen Reliefe mit Salvaterkopf, den Evangelistensymbolen und dem Agnus Die.
Von der alten Ausstattung erhielten sich die reich geschnitzte Kanzel aus dem 17./18. Jahrhundert, ein Tischaltar aus dem 17. Jahrhundert, ein Taufstein aus dem 16. Jahrhundert, ferner je ein fünfplätziges, spätgotisches Häuptergestühl von 1507 mit reichem Schnitzwerk. Hinzu treten die 1507 von eidgenössischen Orten gestifteten Wappenscheiben von 1507: Je eine Basler Scheibe, eine Solothurnerscheibe, eine Luzernerscheibe, eine Zürcherscheibe und Bernerscheibe. Zahlreiche Epitaphien aus dem 17. und 18. Jahrhundert und Grabplatten auf dem Boden ergänzen die Ausstattung.
Die Stadtkirche von Liestal ist eine der grössten spätgotischen Kirchen des Kantons. Das einst dreischiffige Langhaus nimmt sich in seinen weiten Proportionen zusammen mit dem spätgotischen Chor und den hohen Turm aus dem frühen 17. Jahrhundert besonders wirkungsvoll als freistehendes Gotteshaus aus. Der Chor findet ein vergleichbares Beispiel einzig im Chor von Sissach, doch ist dieser später erbaut worden. Gotische Bautradition bewahren ausser dem Turm aus dem 17. Jahrhundert auch die erneuerten Schiffsmauern mit ihren postumgotischen Masswerkfenstern.
Das Innere imponiert vor allem durch seine Weite als grosser Saal und lässt den Blick in das prachtvolle Netzrippengewölbe des Chores frei. Die kostbare Ausstattung, zu der vor allem die seltenen Wappenscheiben zählen, machen die Kirche zu einer der bedeutendsten des Kantons. Sie, die Architektur und die zahlreichen, auf die interessante Baugeschichte der Kirche hinweisenden Details geben ihr den Charakter einer grossen Stadtkirche, die als historisches und kunsthistorisches Dokument die Geschichte der Stadt widerspiegelt.